Teil III der Sofa-Trilogie

Sofadämmerung

ein zwielichtiges Stück über den Abschied

für Menschen ab 8 Jahren

 
 
 
 

Inhalt Kritik Bild Technik Extras Ensemble

 
 
 

 

Vertroddelt

Das Klappmaul-Theater verabschiedet sich mit
"Sofadämmerung"

von Jamal Tuschick

Mit dem ersten Teil der Trilogie wurde 1990 das Theaterhaus eröffnet. Zehn Jahre später kam "Das Sofa schlägt zurück" zur Aufführung. Den systematischen Abschluss und gleichzeitig die Abschiedsinszenierung der Klappmäuler bildet jetzt die "Sofadämmerung", an deren heikelster Stelle ein Albtraum inszeniert wird. Darin erlebt der von einer Unterweltspezies namens Troddeln gefangene und für seine Vertroddelung bereits präparierte Siggi, dass in Folge persönlicher Versäumnisse seine Freunde nicht mehr für ihn eintreten wollen. Die didaktische Quintessenz lautet: "Wer keine Zeit für seine Freunde hat, dem nimmt die Zeit die Freunde."

Zu seiner Erleichterung stellt der erwachende Siggi fest, dass seine Freunde, seinen Verfehlungen zum Trotz, immer noch zu ihm halten. Im letzten Augenblick bewahren sie ihn vor einer Vertroddelung. Dem guten Schluss gehen schwerwiegende Erfahrungen und Begegnungen voraus. Dazu gehört Siggis Konfrontation mit seinem Alter ego, das ihm mit harten Wahrheiten kommt, die ein Erwachsener als Prozesse der Selbsterkenntnis identifiziert.

Kinder mögen dem bedrohlichen Szenario der Sofa-Unterwelt verhaftet bleiben: Sehr direkte Reaktionen im Publikum deuteten darauf hin. Das Spiel der Klappmäuler ist derart vielgestaltig und intensiv, dass es die Welt vor der Theatertür ausschließt. Das von vielen verblüffenden Effekten - auch einem illuminierten Himmel mit rotierenden Sitzgelegenheitsminiaturen unter der Theaterdecke - flankierte Drama entwickelt eine Sogwirkung, die der Aufmerksamkeit des Betrachters den Fokus zwingend vorschreibt. Die kolossale Puppenstube im Theaterhaus besitzt Hegemonie.

Frankfurter Rundschau, 15.09.04

 

Das Drama der Kissen

Das Klappmaultheater feierte im Frankfurter Theaterhaus
mit der «Sofadämmerung» eine triumphale Premiere.

Vielleicht ist es besser, wenn niemand erklärt, warum gerade im Kindertheater oft ein Niveau erreicht wird, das einen staunen lässt. Es war das Stammpublikum des «Klappmaultheaters», das das witzige, gruselige, spannende und lebenskluge Stück von Michael Kloss höchst amüsiert mit einem fast zehnminütigen Schlussapplaus bedachte. Es ist nicht unbedingt notwendig die ersten beiden Stücke der "Sofa"-Trilogie zu kennen. Dafür ziehen die Puppenspieler Dagmar Kaiser, Michael Kloss, Thomas Korte und Hansgeorg Mahler ihr Publikum viel zu schnell hinein in das Innere des Sofas. Ein faszinierender Mikrokosmos. Und eine Welt, die trotz ihres surreal anmutenden Entwurfs sehr viel mit der wirklichen gemein hat. In den von Ideenreichtum überbordenden Bühnenbildern von Alexander Krein und Thomas Korte begegnen sich die Kissen und Bettwürste, die in steter Angst vor den Troddeln leben. Ausgerechnet das Kissen Siggi gerät in die Fänge der fiesen Troddeln. Ohne Gnade stopfen sie den giftgrünen "Heiligen Schleier" in ihn hinein. Es scheint, als stünde dem armen Kerl die endgültige Vertroddelung, was einem völligen Verlust des Verstandes ähnelt, bevor. Doch vielleicht werden ihn seine Freunde Tabbs, Tempo und die Bettwurstdame Rosa noch retten können. Oder ist der ganze Spuk bloß eine Fantasie, der man voll Hoffen auf ein gutes Ende gespannt zuschaut?

Frankfurter Neue Presse, 14.09.04

 

Siggi in der Sofawelt

Letztes Stück des Klappmaul Theaters
im Theaterhaus Frankfurt

...In der dritten Folge der Sofa-Trilogie (...), der "Sofadämmerung", (wird) die Expedition in das Labyrinth der Sprungfedern und Spanngurte als surreale Traumwanderung durch ein von Selbstzweifeln und Komplexen irritiertes Gemüt ausgemalt. Der Held (...) trifft in dem im Plüsch versunkenen Müll eine zauberhafte Gesellschaft wie einst Alice im Wunderland. Hier gibt es ein Museum mit den auf Sockeln strahlenden Sofadevotionalien und einen prunkvollen Gerichtssaal, eine Bar und eine Kläranlage, eine Grabkammer und schließlich einen über den ganzen Saal funkelnden Sofahimmel mit rotierenden Sesseln, Ottomanen und Chaiselongues.

Auf der bedrohlichen, von launigen Dialogen stets entschärften und vom dumpfen Posaunensummen stimmungsvoll grundierten Odyssee begegnet Siggi echten und falschen Freunden, echten Feinden und schließlich seinem zweiten Ich, mit dem er sich am wenigsten anfreunden will. Dabei lernt er zwar, dass er verrückt ist, nicht aber verrückter als die anderen. Und der Zuschauer akzeptiert ihn als Individualisten, der die von Troddeln verkörperten Massen provozieren und mobilisieren muss.

Das Klappmaul Theater hat mit der "Sofadämmerung"  die eigene Dämmerung inszeniert, hat mit der ebenso witzigen wie opulenten Phantasie einen spielerischen Kreis geschlossen, der im nächsten Jahr drei Jahrzehnte nach der Gründung der Puppenbühne endgültig abgeschlossen sein soll. (...)

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.09.04

 

Sofadämmerung – leider letzter Teil

Von Antje Preiss

Der leider letzte Teil der Sofa-Trilogie des Klappmaul Theaters beginnt am einzig möglichen Ort: Auf dem Sofa. Als dort der heilige Schleier unvermittelt auftaucht, beginnt sofort ein Streit unter den Sofakissen. Siggi, dem die Gefahr, die von dem grünen Tuch ausgeht, wohl bewusst ist, steigt noch einmal ins Innere des Sofas hinab. Natürlich erlebt er dort unten wieder unglaubliche Abenteuer; und er erhält auch Antworten auf einige seiner Fragen.

Sie ist einfach riesig, die Welt, die sich den Zuschauern auf und im Sofa öffnet. Nicht nur Kinder, auch Erwachsene kommen ins Staunen, wenn die Museumsleiterin von den Schätzen der Museen in der Sofawelt berichtet oder aber das Sofa-Orakel einmal mehr hilfreich eingreift oder gar der Sofahimmel über dem Publikum erstrahlt. Regisseur Manfred Roth und sein Team haben alle Szenen liebevoll und bis ins kleinste Detail durchdacht zusammengestellt. Auch die von Annemarie Roelofs arrangierte Musik setzt Akzente, die das Spiel unterstützen. Durch das gesamte Stück hindurch fiebert man mit dem armen Siggi mit und kann sich schließlich darauf freuen, dass sich der kleine Kerl mit seinem goldenen Pips in die weite Welt aufmacht.

Wie schon die Unterzeile zur Sofadämmerung – ein zwielichtiges Stück über den Abschied – verrät, beschäftigen die verschiedenen Formen des Abschieds durchgängig alle Figuren. Der Theaterabend hat mit den vielen offenen und teils versteckten Spitzfindigkeiten und seinem Lokalbezug (etwa die frankfurterisch babbelnde Bettrolle Rosa, die ihren Bezug verloren hat, nebst ihrer urigen Kneipe) nicht nur hohen Unterhaltungs- und Entspannungswert, sondern kann durchaus zum Nachdenken führen. Melancholie kommt nur auf, wenn man bedenkt, dass die Sofadämmerung leider das letzte Stück des Klappmaul Theaters ist. Bis Mai 2005 kann man alle Teile der Sofa-Trilogie noch genießen, dann fällt für das Ensemble rund um Michael Kloss, Thomas Korte, Hansgeorg Mahler und Alexander Krein der letzte Bühnen-Vorhang.

Ein kleines Zitat aus der Sofadämmerung zum Schluss: „Wer sich keine Zeit für seine Freunde nimmt, dem nimmt die Zeit die Freunde!“

Rhein-Main.Net, September 2004