Auszug aus dem Theaterhaus-Programmheft 1991
von Marianne Weber

»Angefangen hat alles in einem Hinterzimmer in Hofheim. Dort zeigte Hansgeorg Mahler sein erstes Kindertheaterstück "Ein Frosch lernt fressen". Es wurde ein Erfolgsstück, mit dem viele Frankfurter Kinder groß wurden und das das Klappmaul Theater immer wieder umarbeitete und 12 Jahre im Repertoire behielt.

Das ist ein gutes Beispiel für den Umgang des Klappmaul Theaters mit seinen Stücken, produziert es doch keine Wegwerfstücke, keine Schnellschüsse für nur eine Spielzeit. Vielmehr wachsen und verändern sich die Stücke gemeinsam mit dem Publikum. Die Kinder sehen sie nicht nur einmal, sondern kommen immer wieder und entdecken in den Stücken mit zunehmendem Alter stets neue Facetten.

– Das Klappmaul Theater war in seiner Gründungszeit Mitte der siebziger Jahre, ähnlich anderen Freien Gruppen, in eine "linke Szene" eingebunden. Es spielte auf Feten und Straßenfesten, überall dort, wo sich eine größere Anzahl von Leuten zusammenfand, und knüpfte so an die Tradition des Puppentheaters als Volkskunst und Volkstheater an, denn die Zuschauer waren von Beginn an Kinder und Erwachsene. Daraus entwickelte sich der unverwechselbare Klappmaul-Stil: doppelzüngig, mit ironischem Einschlag agieren ihre liebenswerten Figuren. Vorwitzig-frech oder naiv-fragend, werfen sie lustvoll Sand ins Getriebe und spielen mit den Tücken des Alltags. Die zu Figuren gewordenen Alltagsgegenstände des Klappmaul Theaters entwickeln ein durch die unterschiedliche Dynamik von Mensch und Figur bestimmtes Eigenleben.

Puppen als Ausdrucksmittel machen in besonderer Weise auf sich aufmerksam: sie verändern die Sichtweise, indem sie Dargestelltes auf das Wesentliche reduzieren. Das Spiel der Puppe beginnt dort, wo die Ausdrucksmöglichkeit des menschlichen Körpers ihre Grenze findet. In den meisten seiner Stücke wählt das Klappmaul Theater eine Mischform von Menschen- und Figurentheater, durchkreuzt so den Spielstil des traditionellen Puppentheaters und setzt mit der Konfrontation von Schauspieler und Figur eigene Akzente. Die Entscheidung allerdings, ob ein Stück in der offenen oder geschlossenen Spielweise (Figurenspieler sind für den Zuschauer sichtbar oder nicht sichtbar) präsentiert wird, fällt es durchaus nicht willkürlich: "Man muß auseinanderhalten, was ein Mensch auf der Bühne darstellen kann und was eine Figur kann. Wir wählen jeweils die Ausdrucksform, die von der Ästhetik am passendsten und für den Zuschauer am interessantesten ist." So bleiben die Klappmäuler in ihrem Stück "Reise zum Mittelpunkt des Sofas" als Figurenspieler völlig unsichtbar. "Dies ist zwar die traditionelle Figurentheaterspielweise aber dennoch keine Rückkehr zu konservativen Spielformen, keine grundsätzliche Abwendung von der Mischform, vielmehr würde sie hier die gezeigten Traumwelten der Phantasiereise zunichte machen." (Michael Kloss).

Und so genießen die Zuschauer jene Reise in den goldenen Raum Tingelis, der ihnen aus der Seele spricht: "Muß denn alles einen Sinn haben? Ich will nur, daß es dich freut.«

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